Seine heutige Bedeutung

Der Nord-Ostsee-Kanal ist heute - 100 Jahre nach seiner Eröffnung - die meistbefahrene Seekanal der Welt. Er gilt als Hauptverkehrsader Nordeuropas, die als Tor zur Ostsee Skandinavien und die Baltischen Staaten an den Weltverkehr anschließt. Tag und Nacht passieren ihn über das Jahr verteilt über 37.000 Schiffe.  Die transportierte Ladungsmenge betrug 1999 ca. 48 Mio. t.
Einen maßgeblichen Anteil haben dabei Handelsschiffe. Passagen von Sport- und Kleinfahrzeugen werden in einer gesonderten Statistik mit über 18.000 beziffert.

Interessant ist ein Vergleich des Nord-Ostsee-Kanals mit zwei der wichtigsten Welthandelsstraßen, dem Panama-Kanal als Verbindung von Karibischem Meer und Pazifik sowie dem Suez-Kanal zwischen Mittelmeer und Rotem Meer:

Das Verhältnis von Gütertonnen zur Zahl der Schiffspassagen dokumentiert die unterschiedliche Nutzungsstruktur. Liegt die durchschnittlich pro Schiff transportierte Gütermenge im Nord-Ostsee-Kanal bei ca. 1.297 Tonnen, wurden bei der Durchfahrt durch den Panama-Kanal im Schnitt mehr als die zehnfache, beim Suez-Kanal mehr als die dreizehnfache Gütermenge transportiert.

Technische Daten

Schafstedt Autobahnbrücke von unten...Der Einfahrt in die Schleuse und damit in den Nord-Ostsee-Kanal gehen detailliert geregelte Anmeldeformalitäten voraus. Schon im Abgangshafen werden die sogenannten Klarierungspapiere vorbereitet und fernmündlich technische Angaben über das Schiff sowie die Ladung vom Reeder an den Schiffsmakler weitergegeben. Zum einen muss anhand dieser Papiere die Einhaltung der technischen Zulassungen überprüft werden. Die maximale Schiffsabmessung ist mit einem Tiefgang von neun Metern, einer Länge von 235 Metern und einer Breite von 32,5 Metern festgelegt. Wichtig ist auch, dass eine Höhe von 40 Metern über dem Wasserspiegel nicht überschritten wird, um die zahlreichen Hochbrücken für den kreuzenden Schienen- und Straßenverkehr ohne Schaden passieren zu können. Des weiteren dienen die Klarierungspapiere zu Abrechnungszwecken sowie zur Organisation der Verkehrslogistik. Nach Abwicklung dieser Formalitäten und einer Schleusungszeit von ca. 45 Minuten beginnt die 6,5 bis 8,5 stündige Kanalpassage, für die je nach Schiffstyp Höchstgeschwindigkeiten zwischen 6,5 Knoten (12 km/h) und 8,1 Knoten (15 km/h) zulässig sind.

Verkehrslogistik

Die Verkehrslogistik auf dem Nord-Ostsee-Kanal wird durch 24 Verkehrslenker in den Verkehrszentralen in Holtenau und Brunsbüttel nach einem System gesteuert, das die Schiffe nach Größe und Ladung in Verkehrsgruppen von 1 bis 6 einstuft. Verkehrsgruppe 6 erfaßt dabei die größten Schiffe bzw. die gefährlichsten Transporte (z.B. Tanker und Containerschiffe). Je nach Ausbauzustand des Kanals wurden für die jeweiligen Streckenabschnitte sogenannte Begegnungsziffern ermittelt. Schiffe, deren addierte Verkehrsgruppenzahl die Zahl 6 überschreiten, dürfen sich nur in einer der zwölf Weichen begegnen (s. "Verdickungen" Abb. 78). Für Überholvorgänge gilt die maximale Begegnungsziffer 5. Auf Basis der Klarierungspapiere ermitteln die Verkehrssteuerungsstellen entsprechende Schiffsverkehrsdiagramme, um halbstündig den aktuellen Verkehrslagebericht an die Schiffe durchgeben zu können.

Zusätzlich zu dieser allgemeinen Verkehrskategorisierung und -überwachung unterliegen die Schiffe einer strikten Lotsenverordnung. Ungewohnte hydrodynamische Kräfte (Sogwirkung) sowie Ein- und Ausfahrt in die Schleusenkammern erfordern ein besonderes Steuerungsgeschick und gute Streckenkenntnisse. Aus diesem Grund besteht für Schiffe ab 3,1 Meter Tiefgang bzw. ab einer bestimmten Schiffsgröße die Lotsnahmepflicht. Nachdem ein Schleusenlotse beim Schleusungsvorgang Hilfestellung geleistet hat, steigt bei der Einfahrt in den Kanal ein Kanallotse zu, der das Schiff bis Kanalkilometer 54 betreut. Dort erfolgt an der Versetz- bzw. Lotsenstation Rüsterbergen ein "Wachwechsel", ein neuer Lotse übernimmt den zweiten Teil der Kanalpassage. Bei Schiffen ab 2.500 BRT gehen zusätzlich zwei Kanalsteuerer an Bord.

Da der Nord-Ostsee-Kanal das Land Schleswig-Holstein von Südwesten nach Nordosten "zerschneidet", muss nicht nur auf dem Wasser der reibungslose Verkehrsfluss gewährleistet sein, sondern auch an Land für ausreichende Querungen über den Kanal für Schienen- und Straßenverkehr gesorgt werden. Seit der zweiten Erweiterungsphase wird in entsprechenden Arbeitsprogrammen der Landesregierung ein Maßnahmenkatalog der großen Investitionsaufgaben im Verkehrsbereich, besonders im Ausbau der großen Nord-Süd-Linien von überregionaler Bedeutung, umgesetzt. Inzwischen stehen 13 freifahrende Fähren, eine Schwebefähre, je ein Straßen- und Fußgängertunnel, vier Straßenhochbrücken, zwei Eisenbahnhochbrücken, zwei kombinierte Eisenbahn- und Straßenhochbrücken sowie zwei Autobahnhochbrücken zur Verfügung.

Wirtschaftlichkeit

Auf der Strecke Hamburg-Rostock spart ein Reeder mit der Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal bei einer Zeitverkürzung von 1,5 Tagen und einer Verringerung der Strecke um 430 Seemeilen ca. $ 27.000. Durch Nutzung des Panama-Kanals auf der Strecke Hamburg-Peru bedeutet die Kanalnutzung eine Ersparnis von 9 Tagen, 4.000 Seemeilen und ca. $ 162.000. Es ist zu vermuten, daß sich die größeren gebotenen Vorteile auch auf die für die Kanalpassage erhobenen Gebühren und damit auf die Rentabilität positiv auswirken.

Nicht zu unterschätzen ist jedoch der gesamtwirtschaftliche Nutzen, durch den die betriebswirtschaftlichen Defizite überkompensiert werden: Der Nord-Ostsee-Kanal sichert ca. 2.500 Menschen direkte Beschäftigung und ist impulsgebend für die Entwicklung der Wirtschaftsstandorte Brunsbüttel (Chemie), Rendsburg (Binnenhafen, Werft Nobiskrug) und Kiel (Seehafen, HDW). In der Wirtschaftsregion Schleswig-Holstein übernimmt der Nord-Ostsee-Kanal darüber hinaus bedeutende Funktionen in der Wasserwirtschaft als Großvorfluter sowie im Bereich Freizeit- und Fremdenverkehr als interessantes und attraktives Erholungsgebiet.

Die Geschichte des Kanals - Kanalpassagen

Links:
Wasser- und Schifffahrtsamt Brunsbüttel